Seit nunmehr 33 Jahren gehe ich aktiv dem Flugmodellbau nach. Viele Modellflugplätze habe ich in dieser Zeit kennengelernt, aber keiner ist landschaftlich so reizvoll gelegen wie der von den Aviators in Obdach. Es ist aber nicht allein die Lage, die das Fliegen dort zu einem unvergesslichen Erlebnis macht, sondern auch die Menschen, die sich eine gewisse Urtümlichkeit erhalten haben.
Gerne erinnere ich mich an die Jahreswende 2008/2009 zurück, als ich erstmals mit meiner Frau Karin am dortigen Jahresabschlußfliegen teilnahm. Meine Frau stammt aus dem Saterland, einem besonderen Flecken Erde im Norden Deutschlands in der Nähe von Leer. Besonders ist dieser Flecken, weil er laut dem Guiness-Buch der Rekorde die kleinste Sprachinsel der Welt darstellt, ebenfalls eine Urtümlichkeit, die sich aber grundlegend von der in Obdach unterscheidet. Und so prallten an diesem denkwürdigen kalten Tag Ende 2008 die saterfriesische und die steiermärkische Kultur aufeinander. Jeder versuchte den anderen zu verstehen, es erinnerte an das babylonische Sprachgewirr, mittendrin ich selbst, der zwar ein wenig mit dem Steirischen aber so gut wie gar nicht mit dem Saterfriesischen vertraut war.
Nachdem die Sonne bereits das Weite hinter den Bergen und wir alle die Wärme in der Vereinshütte gesucht hatten, kam es zu einer bemerkenswerten Unterhaltung zwischen einem Vereinsmitglied und meiner Frau (der Einfachheit halber ist der Dialog gleich ins Hochdeutsche übersetzt):
„Sog doch bitte amol wos auf Saterfriesisch, Karin!“
„Was hat er gesagt?“, meine Frau wendete sich mit einem verwirrten Blick an mich.
„Er möchte gerne von dir etwas auf Saterfriesisch hören.“
„Ach so, warum sagt er das denn nicht gleich? Also: Wie wullen ätter Huus gunge.“
„Wos hot sie gsogt?“ kam die Frage an mich zurück.
„Wiederhole bitte noch einmal den Satz“, wendete ich mich an meine Frau.
„Und wos haßt des?“
„Schatz, er möchte wissen, was das heißt!“
„Ich versteh´ nur Bahnhof! Sag ihm, das heißt „Wir wollen nach Hause gehen.““
Nach meiner Erläuterung, dass wir noch nicht beabsichtigten, nach Hause zu gehen, wollte der wissbegierige und schon leicht angesäuselte Fliegerkollege es nun ganz genau wissen.
„Aha, konnst du des nochamol sogn?“
„Sag ihm bitte noch einmal, was das auf Saterfriesisch heißt!“
„Wie… wullen… ätter… Huus… gunge.“, versuchte es Karin abermals ganz langsam.
Mit einem stolzen Lachen im Gesicht wiederholte der steirische Fliegerkollege den erlernten Satz: „Wie wullen ätter Huus gunge, wie wullen ätter Huus gunge…!“
Im Gegenzug für die Einweisung in die saterfriesische Sprache wurde meine Frau an den Geschmack des selbstgemachten Zirbenschnaps herangeführt, was die Verständigung unter dem zunehmenden Alkoholeinfluss mit fortschreitender Stunde vereinfachte. Offensichtlich liegen die steirische und die saterfriesische Sprache wohl doch nicht allzu weit auseinander.
Thomas Fischer
P. S.: Wer gerne mehr über das Saterfriesische erfahren möchte, kann sich z. B. auf der Internetseite http://www.dw-world.de/dw/0,,12465,00.html auch einige Sprach- und Gesangsbeispiele anhören.
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